Der Lech ist ein echtes Schmankerl

Für uns Paddler aus der südostbayerischen Ecke hat der Lech immer den Nachteil einer recht langen Anfahrt. Darum fiel er bei den Jahresplanungen als Wochenendtour meist durch. Heuer haben wir wieder einmal die lange Anfahrt gewagt und alle waren danach begeistert.

Am Wochenende 9./10. August sind wir (Heidi, Annemarie, Wiebke, Klaus, Niels, Alfons, Alois, Gerhard, Georg) angetreten den schönsten Teil  des insgesamt 264 km langen Lech mit dem Kajak zu erobern. Genauer definiert heißt das: Abschnitt 1: Steeg - Camping Häselgehr; 20,4 km WW I-II (III-) bei 6 Promille;  Abschnitt 2: Camping Häselgehr - Weißenbach; 21,6 km WW I-II (III-) bei 5 Promille;  

Ein Teil unserer Gruppe ist bereits am Freitagnachmittag zum Campingplatz "Rudi" in Häselgehr aufgebrochen, der Rest kam samstags bei strömendem Regen nach. Dieser Regen von Freitag auf Samstag bescherte Wiebke zwar einen schlechten Schlaf, aber uns allen Hochwasser mit einem Pegel von deutlich mehr als 3 m (Pegel Steeg). Das am Freitag noch türkisgrüne Wasser des Alpenflusses hatte eine betongraue Farbe angenommen und die Strömung sah für einige Teilnehmer nicht Vertrauen erweckend aus. Der Wetterbericht sagte aber Aufhellungen mit Regenstop voraus und prompt hörte ab Mittag der Regen auf und es zeigten sich erste blaue Löcher in der Wolkendecke.

v.l.n.r. Alois, Georg, Nils, Klaus, Heidi, Annemarie, Gerhard, Wibke, Alfons

Dann ging es auch schon los. Boote auf die Autos, letzte Prüfung der WW-Ausrüstung und ab nach Steeg.

Unterwegs immer wieder ein Blick auf die beachtliche Strömungsgeschwindigkeit des Lechs. Dennoch: nach so langer Zeit des Abwartens "lechsten" wir geradezu auf den Lech. Eingebootet in einem Kehrwasser ging es sofort zur Sache. Die Gruppe blieb zusammen auf Blickkontakt. Eine Aufspaltung kristallisierte sich nach einiger Zeit aber doch heraus. Es gab diejenigen, die auf Durchkommen fuhren und die Spieler und Genießer, die in jedes Kehrwasser einschleiften. Egal wie und für wen – es war eine richtige Genussfahrt.

Vor dem Camping Häselgehr unter der Brücke gab es noch eine etwas schwierigere Stelle zu bewältigen, von der es in Beschreibungen hieß, das manche Paddler "Rudis Camping" von dieser Stelle aus schwimmend erreichten. Keine Ausfälle gibt es von unserer Truppe zu berichten und dies obwohl Wiebke noch das "Plumpsklo", einen  überronnenen Felsblock mit einem riesigen Wasserloch dahinter, herausforderte.

Nach dem Ausbooten trafen wir uns dann alle zu einem gemeinsamen Abendessen bei wunderschönem Sonnenschein in Elbigenalb auf einer Terrasse, um uns für den nächsten Tag zu stärken und mit Alfons über die Vorzüge von Pizza im Allgemeinen und Käse auf der Pizza im Besonderen zu diskutieren. Es bleibt festzuhalten, dass der Wetterumschwung mit leichter Verspätung aber aller Macht eintraf, der Wasserstand fiel bereits und für den Sonntag war traumhaftes Sonnenwetter angesagt.

 

Campingplatz

Zurück auf dem Campingplatz wurden Heidi und Klaus ihrer letzten Vorräte beraubt und wiederholt genötigt aufgrund der stark fallenden Temperatur mehrfach Rotwein zu erhitzen und mit Gewürzen zu versehen. Dies schien erforderlich zu sein um die innere Temperatur der Teilnehmer zu stabilisieren. Alfons hatte bei der Fahrt mit seinem Badethermometer eine Wassertemperatur von nur 8 °C gemessen und ein aufkommender kalter Wind hatte uns zeitweise etwas ausgekühlt. Obwohl nach Klaus' Meinung der Cognac zum weiteren verdünnen fehlte, kam eine recht angenehme Stimmung auf. Einige „Paddelveteranen“ schwelgten in Erinnerungen an grandiose Fahrten und bestandene Abenteuer. Als die Nachttemperatur doch zu stark zubiss und der Glühwein ausging, ging es ab in die Zelte. Es bleibt jedoch zu bemerken, dass 3 "Weicheier" sich ein Zimmer bei Rudi genommen hatten, um dort trotz unterschiedlich starker Schlafgeräusche gemeinsam zu nächtigen.

Der Sonntagmorgen überraschte nach einer beinahe frostigen  Nacht mit strahlendem Sonnenschein.
Der Wasserstand war gefallen, der Fluss wieder grün-blau-milchig und die Stimmung nach einigen Tassen Kaffee großartig. Die einzige Unsicherheit war die "Wildsau".
Hierbei sollte es sich um eine WW III - Stelle in der Lechstrecke handeln, die von den Raftern so getauft wurde, weil unter einem Schwall ein Fels lauert, der vermutlich schon einigen Paddlern zum Verhängnis geworden war. Wir verdrängten dies vorerst und bereiteten uns auf das Umsetzen der Autos vor. Die "Wildsau" wurde in diesem Zuge besichtigt und für befahrbar erklärt.

Nachdem das Auto aus Weißenbach zurück war, starteten wir sofort. Es ging recht flott los, mit schönen Schwällen und auch vielen Kehrwässern. Aufmerksamkeit war gefragt, aber es war eine wunderschöne Fahrt in einer sehr schönen Umgebung. Dann kam die "Wildsau". Gestern hieß es noch links fahren - heute rechts... egal ... alle kamen durch und die allgemeine Meinung war: "So schlimm war sie gar nicht!"

Was danach kam, war Genuss pur. In schneller, spritziger Fahrt durch kleine Schwälle, an Kiesbänken mit vom Hochwasser angeschwemmten Baumstämmen vorbei, umgeben von hohen Bergen fand jeder für sich den Weg durch die verschiedenen Flussarme. Der Flusslauf erinnert an Bilder aus Canada oder Alaska. In Weißenbach kam leichte Wehmut auf, dass die Fahrt schon zu Ende war. Selbst Klaus konnte es scheinbar nicht verkraften ohne Kajak zu sein und nahm seine Brotzeit im Kajak auf dem Dachgepäckträger ein.

 

Klaus macht im Kajak auf dem Autodach Brotzeit

Fazit: Die weite Fahrt hat sich gelohnt. Kein Umschmiss und keine Kentermaß. Der Lech muss nächstes Jahr noch einmal in's Fahrtenprogramm.

Bericht: Georg Hellwig   Foto: Alfons Kettner