Eine Fahrt ins Engadin XXL – mit Überraschungen

Dieses Jahr fiel Maria Himmelfahrt auf einen Dienstag -  perfekt für ein langes Paddelwochenende im Engadin. Aber wie legt man es am besten? Freitag bis Dienstag oder Dienstag bis Sonntag? Nach einigem hin und her haben wir uns für Di – So entschieden worauf Wolfgang und  ich  uns auf den Weg machten. Den ersten Stop legen wir traditionsgemäß auf der Hinfahrt im Oberen Tirol an der Sanna ein. Sie entsteht aus der Rosanna und der Trisanna und entwässert das Arlbergmassiv Richtung Osten bis sie in Landeck in den Inn mündet. Hier wartete die erste Überraschung auf uns. Der Lattenbach, einen Seitenbach, der bei Pians in die Sanna mündet, hatte nach Starkregen im Sommer massive Muren ausgelöst und in der Folge die Sanna ab Pians um einen Meter mit Kies aufgeschottert. Die musste dann ausgebaggert werden.

Wolfgang steuert hier auf dem Bild durch den Pianser Schwall, in dem sich durch die Baggerarbeiten eine große Walze gebildet hat, um die man elegant herumsteuern musste. Im weiteren Verlauf hatte sich das Flussbett sehr verändert, so dass es bei unseren drei Runden viele neuen Walzen und Wellen zu entdecken gab. Völlig neuartige Kehrwässer wurden durch Biertische gebildet, die das letzte Hochwasser vom Getränkehändler weggespült hatte.  Wir habe unsere Tour ohne Tische-fischen fortgesetzt und ganz wildromantisch am Inn-Ufer gegrillt und übernachtet. Am nächsten Morgen machten wir uns dann auf den Weg zu den Inn Schluchten. Hätte ich am Morgen mein Material gründlich überprüft hätten wir uns die Rückkehr zum Zeltplatz um die Paddel zu holen erspart. Am Einstieg zur der schönsten Inn Schlucht, der Giarsun, trafen wir auch gleich Wolfgangs Freunde vom Kajak Club aus Linz. Mit ihnen stiegen wir in unsere Boote und paddelten die Giasun mit einem herrlichen Naturslalom im dritten bis vierten Wildwassergrad und der sogenannten „Preussenschleuder“. Weiter ging es in die Ardezer Schlucht mit dem Himmelsgucker und auf die Scouler Strecke bei 20 m³/s, was einem normalen niedrigen Sommerwasserstand entspricht. Danach trennten sich unsere Wege wieder.

Wolfgang und ich, Tobias, machten eine kleine Exkursion über den Flüelapass aus dem Engadin hinüber in das Landquart Tal nach Davos. Dort trafen wir uns am nächsten Tag Walter und Bernhard und vervollständigten die „vier Musketiere der SVW Paddler“.  Die Landquart ist vom Charakter her komplett anders als der Inn. Sie ist wuchtig, schnell, mit viel Wasser und immer wieder Katarakten in den Felsen des Konglomerats (WW III-IV).


Wir mussten also immer hellwach sein und „kräftig am Löffel ziehen“ um nicht von einer Walze geschluckt zu werden. Bereits nach wenigen Metern kommt hier die erste Schlüsselstelle: In einer uneinsehbaren Rechtskurve fliest das Wasser an der rechten Felswand zusammen. Wen hier die Furchtin der Anfahrt zu weit links fahren lässt, der holpert und poltert auf einer sehr steinigen Route weiter. Hier, wie beim folgenden Bahnhofkaterakt gilt es mit dem Wasser mitzufahren um nicht in den großen Löchern hängen zu bleiben oder zu kentern.

Am Ende der Tour wartet noch das Fuchsloch, angeblich die schwerste Stelle wo man zwischen den Felsen hin und her tänzelt. „Kajak Sport ist leider auch Motorsport“ und so machten wir uns von der Landquart auf den langen Weg über Chur, Lenzerheide nach Tiefenkastel zur Albula. Leider hat uns hier der Onlinepegel einen Streich gespielt und im Flussbett war nur Mindestwasser, also einer Runde Boote schruppen und weiter über den Albulapass wieder ins Engadin. Am nächsten Tag wollten wir vier die Innschluchten fahren, aber es kam anders als gedacht. Währenddessen wir die Autos umstellten machten die Schweizer die Schleusen von einem Stausee bei Zernez auf und der Pegel stieg auf 55 m³/ s , die Wasserfarbe änderte sich in ein tiefes Braun und es stank nach Fäulnis. Also viel zu viel Wasser für Giarsun, Ardezer und Scouler Strecke und so fuhren wir weiter nach oben zur Brail Schlucht, die sich oberhalb der „Dreckwasser“ Einleitung befand. Die Brail ist eine wunderschöne Schlucht im Engadin, allerdings hat sie nur selten genug Wasser. Auch bei uns ging es grade so.

. Die Brailschlucht bietet stark verblocktes, technisches Wildwasser, ähnlich der Loisach nur schlimmer. Bei mehr Wasser würden die Verblockung großzügiger, dafür die Wasserwucht spürbarer. Wir mussten also öfter aussteigen, besichtigen und manche Stellen auch umtragen. Die anspruchsvollsten Passagen findet man auf der ersten Hälfte und da besonders im Bereich der hohen Eisenbahnbrücke gleich zu Beginn. Durch das wenige Wasser mussten wir besonders aufpassen um nicht irgendwo das Boot einzuklemmen und stecken zu bleiben. Mit Wolfgang als Guide aber kein Problem für uns.  Je weiter wir gefahren sind desto freundlicher wurde die Strecke, die Schwierigkeiten ließen nach und wir konnten eine wildromantische Schlucht genießen.

Einige Kilometer weiter erreichten wir in Zernez das braune„Zusatz Wasser“. Bei Schwierigkeiten bis WWIII ging es in undurchsichtigem miefenden Wasser problemlos weiter. Mund und Nase geschlossen halten, sonst hatte man den Sand und die Sedimente zwischen den Zähnen. Schon etwas Wasser über den Boot und man konnte es nicht mehr sehen. Am nächsten Tag sind wir dann noch einmal die Giarsun und die Scouler Strecke gefahren bei 30 m³/s (Siehe die Bilder in braun). Hier wird es sportlich und nur noch die guten Bootfahrer können hier fahren, Schwimmen ist einfach zu gefährlich. Auch Bernhard und Tobias mussten an der einen oder anderen Stelle eskimotieren.  Die sehr dunkle Wasserfarbe erschwert die Fahrt, da man die Wasserkonturen und die Wellen nicht mehr so deutlich sehen kann und  die Linie nicht einfach zu finden ist.

Anschliessend fuhren wir nun wieder zu viert die Scuolser Strecke.